Ab 1891 veranstaltet der MTV für die Hernalser Gewerbeschüler zehn Jahre lang zwei Mal wöchentlich kostenlose Turnstunden, die von allen Lehrlingen besucht werden.
Ab 1899 wird der Vereinsbetrieb für Frauen regelmäßig durchgeführt und kontinuierlich erweitert. Im selben Jahr, beim 10-jährigen Jubiläumsfest des „Wiener Cyclistenvereines“ (Radlfahrer), beeindruckt der MTV mit einer von ihm entwickelten Turngeräte-Innovation, dem dreiholmigen Barren…
Noch vor dem Ersten Weltkrieg setzte vielerorts ein Umdenken über den Sinn der Leibesübungen ein und der MTV Hernals reagierte rasch. Man nahm Gesundheitsturnen, Spiele und nicht zuletzt Leichtathletik („volksthümliche Übungen“) in das Programm auf. Die Turnstunden fanden zu dieser Zeit in der Schule Kalvarienberggasse 33 und – wie heute – in der Bürgerschule Geblergasse 31 statt.
1910 gehörten dem Verein rund 250 Mitglieder an, darunter ein Viertel Frauen. Der MTV Hernals war zu jener Zeit im politischen Beziehungsgeflecht sehr gut vernetzt. Ein Wiener Stadtrat, ein niederösterreichischer Abgeordneter und der Hernalser Bürgermeister hatten Funktionen im „Turnrat“ (Vorstand). Auch diese waren mit allen Vereinsmitgliedern per Du, während sie von ihren Kindern zuhause tlw. noch gesiezt wurden.
1913 schienen in den Teilnehmerlisten des MTV Hernals erstmals schulpflichtige Kinder auf, die ein Zehntel der Gesamtmitglieder ausmachten (davor wurden diese nicht eigenständig erfasst bzw. aufgezeichnet).
Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Jahre 1920 bis 1934 zum bis heute zahlenmäßigen Höhepunkt der Geschichte des MTV Hernals. Fast tausend Hernalser/innen turnten regelmäßig in über 60 Riegen und Gruppen.
1926 erschien erstmals eine Vereinszeitung – gleich mit zweitausend Exemplaren Auflage. Für die MTV-Hernals-Schauturnen erwiesen sich der eigene Platz und die in Hernals verfügbaren Säle längst als viel zu klein. Man mietete dafür den Sportklub-Fußballplatz und die größten Wiener Veranstaltungshallen.
Leichtathletik und Schwimmen, Skilauf, Wandern und Bergsteigen bildeten in der Zwischenkriegszeit neben dem Gerätturnen die sportlichen Schwerpunkte. Das Frauenturnen fand in dieser Zeit verstärkt zu neuen Formen bis hin zu ausdruckstänzerischen und gesundheitsfördernden Angeboten reformpädagogischen Zuschnitts. 1930 bestand der „Männerturnverein“ bereits zur Hälfte aus Frauen.
Noch etwas ist bemerkenswert: Der MTV Hernals machte sich zu jener Zeit zusätzlich als Veranstalter zahlreicher hochstehender kultureller Ereignisse wie Beethoven-, Schubert oder Wagner-Abenden mit Solisten der Wiener oder Bayreuther Oper einen Namen. Das alles, man sollte es nicht übersehen, in einer Zeit schwerster wirtschaftlicher Depression und des politischen Umbruchs, den rasch auch der MTV Hernals zu spüren bekam.